Auf dem Rad durch die partizipativ gestaltete Stadt der Zukunft
Visionen zu partizipativer Stadtentwicklung
Im Mai dreht sich bei uns alles um das Thema Stadtentwicklung. Dabei wollen wir nicht nur im "Hier und Jetzt" bleiben, sondern auch utopisch denken: Wie können Städte der Zukunft ihren Bewohner*innen gerecht werden? Und wie können sie sich an der Planung ihrer Stadt beteiligen?
Wenn ich morgens in der Stadt der Zukunft aufwache, mache ich mir keinen Kaffee (der ist schon da, das geht alles voll automatisch), sondern werfe direkt einen Blick auf die kommunale Beteiligungsplattform. Dort werde ich nicht nur nach meinen Verbesserungsvorschlägen für den kostenlos zugänglichen ÖPNV gefragt (eine Tram von Friedrichshain nach Neukölln, was denn sonst?), sondern kann mich über alle politischen Prozesse der Stadt in der für mich zugänglichsten Form informieren: Alles, was ich wissen will, steht mir in unterschiedlichen Schrift-, Laut- und Gebärdensprachen zur Verfügung.
Ich sehe, dass im „digitalen Zwilling“ meiner Stadt Daten zu den Dachflächen im Stadtgebiet öffentlich zur Verfügung gestellt wurden, und dass nun viele schlaue Menschen versuchen herauszufinden, wo am besten Solaranlagen platziert werden und welche Dächer sich zur Begrünung eignen.
Vor einigen Wochen gab es eine Online-Petition dazu, eine Straße nach queeren Menschen zu benennen, die Wichtiges zur Entwicklung der Stadt beigetragen haben. Die Petition hatte viele Unterschriften und dem Senat ist die Sichtbarmachung queerer Geschichte im Stadtbild wichtig, deshalb können auf der Plattform nun Ideen eingereicht und diskutiert werden. Wie es der Zufall will, ist das die Straße, in der ich wohne. Mit diesem Gedanken mache ich mich auf den Weg.
Anwohner*innen bringen sich zu Fahrradparkhäusern und Spielplätzen ein
Unweit vor meiner Haustür schließe ich mein Fahrrad ab. Hier wurde letzten Monat endlich das neue überdachte Fahrradparkhaus eingeweiht. An der Standortbestimmung haben über 3000 meiner Nachbar*innen teilgenommen. Als finaler Ort wurde die ehemalige Freifläche gegenüber meines Wohnhauses gewählt.
Ich fahre die Straße entlang und komme an einem Park vorbei, in dem sich ein Spielplatz befindet. Vor einem Jahr konnten Anwohner*innen ihre Ideen zur Gestaltung des Spielplatzes in einem Beteiligungsverfahren einbringen. Der Spielplatz ist ein fröhlicher und bunter Ort geworden, der Kinder jeden Alters zum Spielen einlädt. Es ist schön zu sehen, wie die in der Gemeinschaft entwickelten Ideen hier Form angenommen haben!
Für komplexe Entscheidungen sind Bürger*innen-Räte zuständig
Für komplexere Entscheidungen in der Stadtentwicklung als die Gestaltung eines Spielplatzes oder das Aufstellen von Fahrradbügeln gibt es nun verpflichtend Bürger*innen-Räte. Daran beteiligen sich vor allem Menschen, die entweder ehrenamtlich oder beruflich für zivilgesellschaftliche Organisationen arbeiten und den Planer*innen beratend zur Seite stehen. Die Stadt schätzt die Organisationen für ihre Expertise und stellt deshalb ausreichend Finanzierung zur Verfügung. So gibt es in den Organisationen genug Ressourcen für die eigene Arbeit und für die Teilnahme an den Bürger*innen-Räten.
Kurz bevor ich auf den Radschnellweg biege, fahre ich an einem Gesundheitszentrum vorbei, welches es in jedem Kiez der Stadt gibt. Dort bekommen Menschen unabhängig von ihrem Versicherungsstatus oder ihrem Pass die Gesundheitsversorgung, Testmöglichkeiten und Medikamente, die sie brauchen. Wenn es hier zu Termin-Engpässen kommt, kann das online gemeldet werden. Die so gesammelten Daten werden auf einer Karte dargestellt. Kommt es in einem Gebiet zu einer Häufung, weiß die Stadt: „Hier wird ein weiteres Gesundheitszentrum gebraucht!“, und kann Ressourcen zur Verfügung stellen.
Soziale Gerechtigkeit und Barrierefreiheit durch Bürger*innenbudgets und Beteiligung
Meine Stadt hat außerdem ein Bürger*innenbudget. Das bedeutet, dass Bürger*innen ein festes Budget zur Verfügung gestellt bekommen, welches sie kollektiv auf bestimmte Bereiche verteilen dürfen. In den letzten Jahren ist darüber so viel Geld in soziale Institutionen, Bildung, die Einrichtung von Stadtteilgremien, die Etablierung von Mediationsstellen und die Subventionierung von selbstverwaltetem Wohnen geflossen, dass es Menschen in der Stadt viel besser geht und soziale Ungleichheiten beseitigt werden konnten.
Wenn ich in ein Café gehe, muss ich mir keine Gedanken darüber machen, ob ich auch Freund*innen im Rollstuhl einladen kann, denn alle öffentlichen Orte müssen barrierefrei zugänglich sein. Finde ich im öffentlichen Raum eine Barriere, kann ich sofort über den Barriere-Melder Bescheid sagen und die Stadt kümmert sich darum. Die Toilettenräume sind sicher für Menschen aller Geschlechter, denn den Zwang, sich zwischen Männer- und Frauentoiletten zu entscheiden gibt es nicht mehr. Dafür gibt es Einzelkabinen mit genügend Platz und Wickeltischen.
Letztes Jahr haben sich die Supermärkte meiner Stadt dazu entschieden, ihre Kund*innen online nach ihren Bedürfnissen beim Einkaufen zu fragen. Dabei ist herausgekommen: Viele Menschen fühlen sich durch grelle Lichter und laute Geräusche gestresst. Deshalb gibt es nun jeden Tag zu einer anderen Zeit „stille Stunden“, in denen die Supermärkte die Lichter dimmen, die Musik ausschalten und keine Regale eingeräumt werden.
Die Strecke bis zum Zentrum fühlt sich fast an wie die Fahrt durch einen Park. In den letzten Jahren ist die Stadt immer grüner geworden und die Autos rarer. Wie der von mir befahrene Radschnellweg gibt es nun viele in der Stadt, sodass wir vor kurzem den Preis für die Stadt mit den kürzesten Wegen ausgezeichnet wurden.
Gemeinsam gestalten wir die Städte der Zukunft!
Wir freuen uns, dass wir seit vielen Jahren dazu beitragen können, dass Stadtentwicklung immer partizipativer gedacht wird. Vielleicht können wir in ein paar Jahren ja wirklich durch unsere Stadt der Zukunft radeln? Auf unserer DIALOGBOX können wir auch jetzt schon innovative Beteiligungsformate umsetzen. Mehr Informationen dazu gibt's hier - oder bei einem individuellen Beratungstermin!